Herrliche Geschichten vom gefährlichen Königreich


Heute möchte ich über ein wirklich empfehlenswertes Buch schreiben. Der Sammelband „Geschichten aus dem gefährlichen Königreich“ von J.R.R. Tolkien enthält etliche kürzere Geschichten und Gedichte, die zwar schon längst bekannt waren, aber nun zusammen veröffentlicht wurden. Das besondere an diesem herrlichen Buch ist, das es von meinem Lieblingstolkienkünstler Alan Lee illustriert ist. Nicht nur das Cover, sondern auch jede einzelne Episode hat eine eigene Bleistiftzeichnung. Allein deswegen würde sich schon eine Anschaffung lohnen.

Einzelne Werke kannte ich schon von anderen Veröffentlichungen, andere waren mir vollkommen neu (Roverandom, Schmidt aus Grozholzingen), obwohl ich wusste, dass es die Geschichten gibt. Die Gedichtesammlung, die unter dem Namen Die Abenteuer des Tom Bombadil bereits veröffentlicht wurden, hatte ich sogar schon als kleines Bändchen. Außer dem genialen „Kommt erst der Winter wieder her“ kann ich mit der Lyrik nichts anfangen. Ich komm einfach in das Versmaß nicht rein (sieht vielleicht im englischen Original anders aus). Durch die Gedichte habe ich mich eher durchgequält.

Der Rest ist aber pures Lesevergnügen. Hier wird wieder einmal deutlich, was für ein begnadeter Schreiber Tolkien war. Er versteht es mit großem Charme einfache Geschichten zu erzählen, die dann aber einen großen Zauber entfalten.

Die Sammlung beginnt mit meiner mit Abstand liebsten Erzählung: Bauer Giles aus Ham. Ein einfacher Bauer vertreibt eher durch Zufall einen Riesen und wird als großer Held gefeiert. Als aber ein Drache in der Gegend sein Unwesen treibt, wird es Ernst. Nun soll der Bauer sein Heldentum beweisen und das Monster erledigen. Er schiebt es erst mit tausend Ausreden hinaus, wie er es dann am Ende aber doch anstellt und alle austrickst, ist grandios. Die Rolle seines Hundes ist auch zu köstlich dabei.

Und mit des Menschen besten Freund geht es in der nächsten Geschichte gleich weiter: Roverandom. Hier geht es um einen kleinen Hund, der von einem mießlaunigen Zauberer in einen Spielzeughündchen verwandelt wird. Unzufrieden mit seiner Situation flieht er. In seiner Odysee über Mond, den Meeresgrund trifft er auf alle möglichen andere Hunde, die wie er auch Rover heißen. Deswegen wird er Roverandom getauft. Es dauert eine Weile bis er wieder nach Hause darf, dabei ändert sich einiges an seiner Gesinnung. Das Zusammenspiel verschiedener Zauberer ist köstlich und was jeweils der eine über den andern sagt. Ein nette Geschichte, aber nicht ganz mein Fall.

Das nächste Märchen vom Schmied von Großholzingen ist da schon mehr nach meinem Geschmack. In einem kleinen Ort gibt es alle 24 Jahre eine großes Fest für Kinder. Die Krönung der Feier ist ein besonderer Kuchen. Hierin findet ein Junge einen Elbenstern, der es ihm ermöglicht zwischen der Elben- und der Menschenwelt hin- und herzuwandern. Dort trifft er sogar auf die Elbenkönigin. Eines Tages wird er dazu bewegt diesen Elbenstern wieder abzugeben, damit er auf ein neues Kind übergehen kann. Dabei erfährt er ein großes Geheimnis über den scheinbar so unbedeuteten Küchengehilfen.

Den Abschluss bildet Blatt von Tüftler. Hier treffen wir auf einen armen Maler, der sehr akribisch an einem Baum arbeitet. Weil er sehr detailversessen ist und einzelne Blätter sehr genau malt, braucht er dafür sein Leben lang. Immer wieder wird er von bestimmten Umständen abgehalten, das Kunstwerk zu vollenden. Vor allem von seinem kranken Nachbarn, der ihn immer wieder sehr beansprucht. Nur widerwillig hilft er ihm. Ihm ist zwar bewusst, dass er irgendwann auf eine Reise gehen muss, doch die Vorbereitung schiebt er immer wieder auf. Als er dann auf die Reise gerufen wird, ist er völlig unvorbereitet und muss ohne Gepäck losreißen. Die Leute, die ihn beurteilen, meinen dass er schlechte Karten hätte. Letztendlich merkt er, dass der widerliche Nachbar ihm eine große Hilfe ist, doch zu bestehen. Als sie dann schließlich „in der anderen Welt“ zusammenarbeiten, merken sie dass der eine ohne den andern nicht kann, sie sich gegenseitig brauchen. Eine sehr tiefsinnige Geschichte, wo es sich lohnt die einzelnen Metaphern zu erspüren. Einfach ist diese Aufgabe jedoch nicht, weil die Bilder nicht platt sind.

Abgerundet wird das Werk mit einem Nachwort des Illustrators. Sehr nett. Zu diesem Buch werde ich wohl immer wieder einmal greifen.

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