The Hobbit: Unerwartet genial!


Lange Zeit war es fraglich, ob der „Hobbit“ jemals verfilmt werden würde. Gleich nach dem alle Teile des „Herrn der Ringe“ im Kino waren, hatte Regisseur Peter Jackson angedeutet, dass er die Vorgeschichte der Trilogie niemals adaptieren würde. Nur zu verständlich, wo wir es doch mit 13 Zwergencharakteren zu tun haben und mit einer Story, die wesentlich schlanker und weniger actionreich ist.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie alle möglichen Webseiten von Tolkienfans die Kampagne starteten „Let the Hobbit happen„. Und das Unglaubliche geschah, einige Jahre später wurde angekündigt, dass das Buch nun tatsächlich ins Kino gebracht würde und zwar als Zweiteiler. Peter Jackson wäre nun zwar mit von der Partie, jedoch nur als Produzent und Drehbuchschreiber. Regisseuer sollte Guillermo del Toro werden.

Doch es gab noch einige Hürden, die es zu überwinden galt, bevor die Filme in Produktion gehen konnten. Zunächst musste ein Rechtsstreit zwischen Peter Jackson und der Filmfirma New Line Cinema geschlichtet werden, dann mussten die knifflige Rechtslage der Film- und Vermarktungsrechte geklärt werden. Als das endlich geschehen war und New Line Cinema, Warner und MGM sich geeinigt hatten, hing die schier unausweichliche Studiopleite von Metro Goldwin Mayer über der Produktion. Doch das Malefixspiel ging weiter: Streiks der Schauspielergewerkschaft drohten Neuseeland als Drehort zu verhindern, Magengeschwüre von Peter Jackson, der inzwischen als Regisseur eingesprungen war, verzögerten weiterhin. Aber endlich ging es los, die erste Klappe war gefallen. Wovor PJ zunächst noch Angst hatte, bereitete ihm sichtbar ungemeine Freude – grade mit den Zwergen hatte er seinen Spaß! Obwohl die angesetzten Drehtage für den Zweiteiler genauso viele waren wie für die Herr-der-Ringe Trilogie.

Nun ist der langerwartete erste Teil endlich ins Kino gekommen, inzwischen zur Trilogie angewachsenen. Nicht nur dass es die erste Mittelerdestory in 3D ist, nein, Peter Jackson präsentiert das Abenteuer mit 48fps, in 5K und in Dolby Atmos. Alles neue Techniken, die hierzulande wohl gar nicht zu sehen sein werden. Etliche Kinos zeigen den Film mit der doppelten Bildrate wie im Kino seit den 20er üblich (24 Bilder pro Sekunde). Die neuartige Soundtechnik wird meines Wissens nur in einem Kino in Deutschland zu hören sein: Dem Cinecitta in Nürnberg… Ich habe den Film nun zweimal gesehen. Einmal deutsch, einmal englisch. Beide Male in HFR, also mit der hohen Framerate. Beim ersten Mal im Mathäser ist es mir gar nicht aufgefallen, beim 2. im Cinema taten mir teilweise die Augen etwas weh. Aber an sich konnte ich keinen Unterschied erkennen. Es war einfach sehr cool, alles in 3D zu sehen und in die Geschichte richtig eintauchen zu können.

Im Gegensatz zu der Herr-der-Ringe Trilogie vor über 10 Jahren muss ich sagen, dass mir der Film so richtig, richtig gut gefallen hat. Natürlich gab es die eine oder andere Sache, die ich unpassend oder übertrieben fand, einiges sogar Fehl am Platze, aber insgesamt war ich rundum zufrieden. Ich weiß nicht, woran es liegt. Vielleicht war ich dieses Mal viel besser vorbereitet, konnte mich im Vorfeld ausgiebig über diverse Sachen ärgern und störte mich im Kino so nicht mehr daran. Ich finde die Zwergendesigns insgesamt wirklich sehr fragwürdig, einige Zwerge sehen einfach nicht zwergisch aus, auch im Vergleich zu größeren Figuren. Gandalf und Elrond kommen einem eher wie Riesen vor als dass man meint, man hätte es hier mit Zwergen zu tun. Auch finde ich den Hasenschlitten von Radagast sehr unpassend. Wie soll der damit so schnell übers Nebelgebirge gekommen sein? Abgesehen davon wie sich so ein Gefährt überhaupt bewegen können soll. Auch Vogelscheiße auf den Haaren eines so würdigen Zauberers, also ich weiß nicht. Ansonsten fand ich Radagast aber überaus reizend im Kino, ich mag ihn sehr.

Es wurde ja viel diskutiert, warum man aus so einem kleinen Buch einen Zweiteiler, gar eine Trilogie machen kann. Das Argument, das immer angebracht wurde, dass man nun die Nebenhandlungen mit rein bringen kann, die im Kinderbuch nicht beschrieben werden, wir aber aus andern Quellen wissen, dass sie passiert sind. Nun hat man aber im vorliegenden Werk davon so gut wie nichts gesehen, kann gut sein dass das auf die beiden Folgeteile verschoben wurde.

Allerdings muss sich Jackson schon vorwerfen lassen, dass einige Szenen viel zu lang und zu aufgeblasen wirken. Die Steinriesen fand ich völlig überflüssig, auch war die Verfolgungsjagd in der unterirdischen Orkstadt völlig überzogen. Damit soll es aber mit meinen Kritikpunkten auch schon langen.

Es war sehr schön, wieder einmal in die Welt von Mittelerde eintauchen zu können. Es gibt wunderschöne Landschaften, herrliche Bilder und Sets. Der Prolog mit der Vorgeschichte von Thal und der Zwerge im Einsamen Berg Erebor ist einfach ausgezeichnet. Es ist sehr schön inszeniert, wie der Drache angreift, wie die Zwerge sich zu retten versuchen, der Arkenstein verloren geht. Auch die Rückblende zur Schlacht von Azunilbar hat mir sehr gefallen. Der eingeführte Orkfiesling Azog hat mir im Gegensatz zu vielen sehr zugesagt.

Ich war begeistert, dass die Begegnung des jungen Bilbo mit dem Zauberer Gandalf, der auf der Suche nach jemanden ist, der an einem Abenteuer teilnimmt, zu großen Teilen drin war („Was meint ihr damit? Dass dies ein guter Morgen ist…“). Martin Freeman als Bilbo könnte man nicht besser besetzten. Er ist einfach herrlich.

Die schauspielerische Leistung ist grundsätzlich ausgezeichnet: Ian McKellen (Gandalf), Cate Blanchett (Galadriel), Hugo Weaving (Elrond), Christopher Lee (Saruman), Sylvester McCoy (Radagast) und Barry Humphries (der Große Ork). Bei den Zwergen sticht natürlich Richard Armitage als Thorin Eichenschild hervor(das Eichenschild wird betont und Thorin trägt es sogar dauernd mit sich rum), aber auch Ken Stott (Balin), der immer wieder als väterlicher Freund Bilbos auftritt. Großartig wie er die Schlacht von Azunilbar erzählt und damit Thorin seine Loyalität bekundet! Die Ankunft der Zwerge in Bilbos Höhle ist köstlich und natürlich das geniale Zwergenlied „Misty Mountains“ (leider ist es auch nicht länger als im ersten Trailer).

Die Szene mit den Trollen ist anders als im Buch, aber dennoch sehr pfiffig umgesetzt. Herrlich wie Bilbo die Trolle hinhält als er merkt, dass sie bei Tageslicht zu Stein erstarren würden und wie das die Zwerge erst nicht schnallen. Eine der Höhepunkte des Filmes – wie auch des Buches – ist die Szene in Gollums Höhle: Riddles in the dark. Andy Serkis brilliert wieder einmal als Gollum. Klasse der Wechsel zwischen Smeagol und Gollum. Es ist sehr rührend dargestellt wie Bilbo Mitleid mit der armseligen Kreatur hat und ihn nicht umbringt, obwohl er die Chance dazu gehabt hätte (durch den Ausgang von „Herr der Ringe“ wissen wir, welche tiefgreifenden Auswirkungen diese Entscheidung hatte).

Der epische Höhepunkt im Kieferwald und der Kampf mit Azog und den Wargen ist sehr gelungen. Der Film endet mit einem wunderbaren Blick über den Düsterwald auf den Einsamen Berg. Wir verfolgen die Drossel, die die Schale einer Schnecke aufklopft. Und bekommen das Auge des Drachens zu sehen, das sich öffnet…

Vieles erinnert an die HdR-Trilogie, abgesehen von den Schauplätzen ist auch die Darstellung einiger Szenen ganz bewusst ähnlich gehalten (Bilbo bekommt genau auf die gleiche Weise den Ring über gestülpt wie Frodo in Bree als er ausrutscht). Einige musikalische Themen des genialen Scores erinnern einen an die Filme von vor 10 Jahren. Aber man merkt, dass es eine ganz andere Geschichte ist. Es geht nicht mehr um die Rettung von ganz Mittelerde, sondern lediglich um ein Abenteuer. So ist die Farbgebung auch viel farbenfroher und bunter, allein schon angefangen wie die Logos am Anfang reinkommen. Einigen mag die Farbgebung viel zu quietschig sein, ich fand sie sehr schön.

Ich empfehle dieses wunderbare Fantasyepos wärmstens, auch wenn es einige Abstriche gibt.

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