Wie ich zu den Jesus Freaks kam
Ich habe ja vor kurzem davon berichtet, dass ich die Jesus Freaks verlassen habe: Nun möchte ich davon erzählen, wie ich überhaupt zu den Freaks gekommen bin und in einem weiteren Post dann auch, was ich für wunderbare Sachen mit den Jesus Freaks erlebt habe.
Vorgeschichte mit christlichem Metal
Im Oktober 1992 kam ich mit 22 Jahren nach München, um im dortigen CVJM ein Freiwilliges Soziales Jahr zu leisten. In den Jahren davor, habe ich mich intensiv damit beschäftigt, dass viele Rock und Popbands einen okkulten Hintergrund haben. Die intensive Beschäftigung mit dem Thema hat mich ziemlich runter gezogen. Umso erstaunter war ich, als ich in einem der Magazine entdeckte, die ich damals las, dass es christliche Rockmusik gibt. Der Artikel handelte davon, dass STRYPER grade auf Deutschlandtournee waren. Als ich das meinen christlichen Freunden erzählte, merkte ich dass sie bereits eine Reihe dieser Bands hörten und ihr Schaffen verfolgten.
Und so tauchte ich in die Welt des christlichen Metals ein, eine für mich zunächst befremdliche Welt (ich hörte damals eher das, was im Radio lief – Rock und Pop. a-ha war die Lieblingsband meiner Teeniezeit). Doch ich lernte Gefallen zu finden an STRYPER, Bloodgood, Leviticus, Barren Cross und wie sie alle hießen. Etliche spielten sogar live bei uns in der örtlichen Frankenhalle in Naila. So hörte ich auch von einem Pastor Bob Beeman, der diese Bands geistlich begleitete und eine eigene Gemeinde für Metaller gegründet hatte: Sanctuary. Ich dachte mir: „Sowas müsste es auch in Deutschland geben!“
Erste Berührungspunkte mit den Jesus Freaks
Als ich dann im CVJM München war, lernte ich nicht nur die Geistesgaben kennen und lieben, ich abonnierte auch die Zeitschrift der „Geistlichen Gemeinde Erneuerung“ (GGE).
Ich war ja in der lutherischen Kirche aufgewachsen und war fasziniert davon, dass es da auch eine charismatische Ausrichtung gab. In einem der Hefte ging es um das Thema Taufe. In einem Kasten hieß es, dass die Jesus Freaks ihre Leute in Hamburg in der Alster taufen. Jesus Freaks das klang allein vom Namen sehr interessant.
Günstigerweise gab es in der christlichen und säkularen Presse viel zu lesen, weil die Jesus Freaks damals in aller Munde waren. Bald gab es auch ein erstes Buch über die Freaks von Michael Ackermann mit dem schlichten Titel: „Jesus Freaks“, das ich mit großem Interesse verschlang. Ein ehemaliger Mitbewohner der Lions WG, der Wohngemeinschaft der Zivis und FSJler des CVJM München, studierte in Hamburg und ging auch zu den Jesus Freaks. Den besuchte ich zweimal (95 und 96) und schaute natürlich auch bei den Jesus Freaks in ihrer damaligen Kneipe GNLPS und dem Club Marquee vorbei.
Im November 1995 gab es in Nürnberg einen Gemeindekongress veranstaltet von der GGE. Das Thema war „Zukunft der Gemeinde – Gemeinde der Zukunft“. In einem Workshop von zielgruppenorientierten Kirchen stellten sich neben dem Christrustreff in Marburg und der Elia Gemeinschaft in Erlangen auch die Jesus Freaks vor. Tobi G und Kuky stellten dort die Arbeit der Freaks vor.
Eines der großen Events von 1996 war das Christival im Frühjahr in Dresden. Zusammen mit vielen anderen Christen fuhren wir mit dem Zug zu dem großen Festival. Ich ließ es mir nicht nehmen auch einmal bei einem Gottesdienst in der alten Kirchenruine vorbei zu schauen.
Die Gottesdienste waren so überfüllt, dass sie ohnmächtige Leute mit dem Krankenwagen abtransportieren mussten. Glücklicherweise veranstalteten die Freaks einen zweiten Gottesdienst, an dem ich dann sogar ziemlich weit vorne teilnehmen konnte.
Die punkige, abgefahrene und leidenschaftliche Art Lobpreis zu machen begeisterte mich, die Predigt von Martin Dreyer wühlte mich richtig auf. Ich merkte, hier war ich zu Hause! Der Traum eine Kirche in Deutschland zu haben, in der mit Metal Gottesdienst gefeiert wurde wie bei Pastor Bob’s Sanctuary Gemeinde in den USA, war ziemlich wahr geworden.
Ein weiteres Highlight meiner Anfangszeit bei den Freaks war das Freakstock 1996 in Neudrossenfeld. (Aus mir unerklärlichen Gründen hatte ich nichts vom allerersten Freakstock in Wiesbaden mitbekommen). Ich war damals arbeitslos, hatte mir kurz vorher die Haare schneiden lassen (für Passfotos) und kam mir wie der größte Spießer vor. Ich fand es sehr toll, wie mich die Freaks aufgenommen haben, war begeistert von der tollen Atmosphäre und den guten Bands (Rainforest!). Besonders geflashed hat mich aber, dass es geistlich total abging. Die Gebetszeiten waren große Klasse!
Mein Beginn bei den Freaks in München
Durch Freunde im CVJM hatte ich Kontakt zu Leuten, die auch in München etwas freakmäßiges starten wollten. Damals war es in Jugendkreisen total in, zur nächsten Jesus Freaks Gruppe zu pilgern, um sich wie im Zoo die schrägen Vögel einmal anzuschauen. So schotteten sich die örtlichen Freaks vor Schaulustigen erst einmal ab. So dauerte es auch ziemlich lange, bis ich bei den Freaks in München zum ersten Mal vorbei schaute…
Damals trafen sich die Freaks bei einem Ehepaar im 5. Stock in der Schellingstraße gar nicht weit von meinem damaligen Wohnort entfernt. Die Gruppe nannte sich auch nicht Jesus Freaks München, sondern „WRZLBRMFT“ in Anlehnung an die Freakskneipe in Hamburg und nach einem Sketch des Münchener Komikers Karl Valentin.
An der Wonzimmertür stand ein Bierkasten mit festinstallierem Flaschenöffner, jede zischte sein Bierchen oder Radler. Beim Lobpreis sangen wir von einem Liedzettel der „Heiligen Bombenleger“ der Jesus Freaks Bayreuth, deren Demotape damals sehr populär war, einiger eigener Songs und vereinzelter bekannter Songs aus Hamburg (der erste Freaks CD „Praise & Punk“ war noch nicht veröffentlicht).
Wegen terminlicher Überschneidungen schaute ich nicht jede Woche vorbei, war aber doch öfter hier. Es war sehr toll, die Lobpreissongs der Freaks zu singen. Einiges fand ich damals schon doof. Etliche der Besucher waren frustriert von ihren alten Gemeinden oder teilweise sogar rausgeworfen worden (so erzählten sie zumindest). So war es sehr oft schwer, vernünftig thematisch zu arbeiten, weil die immer gleichen Fragen kamen, die aber irgendwie alles kaputt machten. So war es auch bezeichnend, dass im Anschluss die Leute, die noch beten wollten, in die Küche gingen, während die anderen auf den Balkon gingen, um eine zu rauchen oder weiter im Wohnzimmer blieben, um Bier zu trinken und zu ratschen.
Ich freute mich jedesmal tierisch, wenn ich hinkam, dass ich wieder den tollen Freakslobpreis machen konnte, ging aber meist frustriert wieder weg, weil es sich wieder um die immer gleichen Fragen gedreht hatte. Sehr zermürbend! Ich blieb parallel im CVJM, weil ich noch etwas Auferbauendes und Ermutigends brauchte.
Um ´97 kamen dann Leute aus anderen Freaksgemeinden dazu. Wir trafen uns extra an einem Sonntag, um zu beten und Lobpreis zu machen. Mittwochs wollten sie nicht dabei sein. „Kein Bock auf Diskutierkreis!“ So langsam kamen auch Leute dazu, die Hilfe suchten und annahmen und nun waren wirklich auch Leute da, die wirklich Gemeinde bauen wollten.
Mit dem Convoy `98 und meiner Wahl (!) zum Ältesten wagte ich dann den Schritt und wechselte ganz zu den Freaks. Ich bekam nun genügend geistlichen Input und hatte ausreichend Gemeinschaft und wurde gefordert. Schweren Herzens verließ ich den CVJM, den ich immer noch sehr liebte.
Auch wenn es nicht immer einfach war, habe ich den Schritt zu den Jesus Freaks zu gehen, nie bereut.